Da bin ich nun 100 km gelaufen und dann doch nicht ins Ziel
gekommen. Das
Kann auch nur mir passieren…
Am 25.4. fahren wir Richtung Harburg – Frank u. Elke richten
den 1. Heidschnucken-
Ultra aus. 100 km für die ich mich fit fühle. Das Training
war durchwachsen. Einen
Supertollen Plan hatte ich mir gesucht. Nur leider waren da
einige gesundheitlichen
Probleme, die eine komplette Durchführung nicht möglich
machten. Doch egal –
Die Zeit, die ich laufen durfte, habe ich genutzt und nach
dem gelungenen
Oster-Doppeldecker fühle ich mich der Herausforderungen
gewachsen.
Begrüßt werden wir mit … Laufschuhen… stilecht:
Frank und Elke haben eingekauft, als ob sie den
Hamburg-Marathon
Ausrüsten müssen.
Und das ist nur der kleine Teil vom Vorrat.
Am Freitag, nach einem gemütlichen Frühstück, fahren Frank
und Fritz mit
dem Rad los, um einige Streckenabschnitte zu markieren.
Elke macht sich ans Kochen:
Und ich darf nur sitzende Tätigkeiten ausführen. In diesem
Fall:
Wimpel-Nähen
Damit werden dann auch Nachbarhäuser beschmückt:
Und das Ziel markiert (nicht das sich noch einer auf dem
letzten Stück verläuft…)
Dann am nächsten Morgen geht der Stress los. Frank weckt
mich freundlich-
weise gleich um 4 Uhr – Wenn ich um sechs starten will, muss
ich einfach
vorher was anständiges essen. Kaffee, Brötchen und schon
trudeln die ersten
Leute ein. Petra, Mark, Susanne und viele andere bevölkern
das Haus. Frank
versucht nochmal allen den Weg zu beschreiben. Mit mir hat er
das gestern
auch schon versucht. Vergebens – wie sich später rausstellen
soll.
Dann endlich sind wir draußen. Startfoto. Die Welt ist noch
in Ordnung:
Auf den ersten km begleitet uns Frank. Wenig später geht es
auf den Heidschnuckenweg.
und die Schnitzeljagd nimmt seinen Lauf…
Petra und ich laufen so vor uns hin und schaffen es sofort
auf den ersten
Teilstück uns zu verlaufen. Versuchen uns zu erinnern, was
der Chef denn alles
erzählt hat. „…immer dem „H“ folgen… … wenn das
„Bestätigungs-H“ nicht da
ist, seit ihr falsch…“ und noch einiges mehr…
Dann irgendwann sehen wir das „H“ und es geht weiter – bis
zum VP von
Fritz und Sven.
Und da sind dann auch schon Frank und Elke.
(Elke – die leider
nicht mitlaufen kann, weil sie krank ist. Ich hätte sie so
gern an meiner Seite
gehabt…) Dann geht es auch schon gestärkt weiter.
Bei der Wasserstelle „Zur Eiche“ passierte es dann: Ich
vertrete mich, und ab dann schmerzt das linke Knie.
In Buchholz klingelt dann mein Handy – Ramona ruft uns an
und macht uns Mut. Was für eine schöne Sache. Petra und ich freuen uns riesig.
Gemeinsam erreichen wir die Treppe am Buchholzer Bahnhof, die natürlich benutzt
wird. Nix Fahrstuhl. Das läßt unsere Läuferehre natürlich nicht zu.
Der Schmerz im linken Knie ist nicht wirklich dolle – aber doch
schon so sehr, dass ich Petra weiterschicke. Ihr Tempo kann ich so nicht halten
und will mich auch nicht kaputt laufen. Ich versuche dann immer mehr auf dem
Vorfuß zu laufen, weil ich dabei das Gefühl hab, dass so das Knie etwas mehr
geschont wird. Mit der Zeit klappt das auch ganz gut.
Beim VP 2 treffe ich dann auf Mark, Susanne und Reiner. Petra
ist grad mit Pause fertig und läuft wieder los. War ich noch ein paar km vorher
der Meinung, ich müsste hier aussteigen, kann ich dann doch schon verkünden: Es
geht weiter – vielleicht doch noch bis zum Wendepunkt.
Die Strecke: Einfach himmlisch. So viele Naturwege.
Anstrengend ja – aber dafür unglaublich schön. Es geht auf rauf und runter
(wobei runter für´s Knie anstrengender ist). Stille um mich herum. Drei MP3-Player
hab ich dabei. Doch ich hab die Ohrstöpsel nicht in den Ohren.
Mit der H-Sucherei und dem Naturgenießen hab ich genug zu
tun.
Als ich den „Pferdekopf“ erreicht hab und mich oben
umschaue, sehe ich wieder Petra. Sie dreht nach links ab. Alles klar. Ich bin
noch auf dem rechten Weg. Doch einen kleinen Moment bin ich unachtsam und
bemerke nicht, dass ich rechts in den Wald abbiegen muß. Ich bemerke meinen
Irrtum, frage Anwohner und drehe wieder um und finde den Pfad. Ich ärgere mich
maßlos. Doch es nützt nix. Die Zeit müsste noch gut reichen und so laufe ich
weiter – immer dem „H“ nach. So erreiche ich ohne Probleme Handeloh – folge
brav weiter den Weg. Alles gut. Es geht wieder in die Natur. Wow – was für
schöne Wege. Und ich spüre immer wenige Schmerzen im linken Knie. Ich habe die
Hoffnung, dass ich auch nach dem Wendepunkt weiter laufen kann.
Im tiefsten Wald kommen mir die ersten Läufer entgegen.
Rick, der schnellste Läufer, tobt lächelnd und gut gelaunt an mir vorbei. Für
einen freundlichen Gruß hat er dennoch Zeit.
Zwei andere Läufer halten kurz an und erkundigen sich nach
meinem Befinden. Offensichtlich steh ich schon auf der Verlustliste.
Dann, auf den letzten km vor dem Wendepunkt, verlaufe ich
mich dermaßen granios, dass ich mitten im Wald fast das Heulen bekomme. Ich
reiß mich zusammen, schaue immer wieder in die Karte, versuche mich zu
orientieren. Da – ein Hof… ich geh fragen. Und stelle fest, dass ich einen
netten Umweg gemacht hab und nur wenige Meter von Wesel entfernt bin. Derweilen
ruft auch schon Fritz an – ich sag wo ich bin und die Truppe erwartet mich
schon. Ein schöner „Zieleinlauf“. 57,7 statt 50 km hab ich auf der Uhr. Mein
Trost: Ein Mann(!!!) hatte 56 km geschafft ;-) Ein weiterer Trost: Zwar zu viele
km aber eine Pace, wie ich sie haben wollte – und die Beine sind noch fit.
Keine Zweifel, dass ich die zweite Hälfte läuferisch schaffen kann. Das tröstet
mich in diesem Moment.
Doch erst mal Pasta-Pause. Als ich den Trinkrucksack wieder
auffüllen will, stelle ich fest, dass die Trinkblase leckt. Das freundliche
Personal gibt mir Wasser in Flaschen mit, so dass ich meinen Irrlauf wieder
fortsetzen kann. Mittlerweile sind alle
Läufer und VP´ler wieder unterwegs. Und ich bin optimistisch, dass ich jetzt
auf den richtigen Weg achten kann und werde.
Doch wie es das Schicksal will, verpasse ich wieder rum eine
Abzweigung an der rechten Seite. (rechts ist meine schwache Seite) und stehe
wieder hilflos im Wald. Nach einer gelaufenen Schleife bin ich wieder genau an
der Stelle, wo ich das letzte „H“ gesehen hatte und laufe vorsichtig und
konzentriert weiter und finde den Pfad zur Rechten. Jetzt läuft es sich
wunderbar dahin. Ohne Probleme komme ich wieder durch Handeloh - finde die „H“´s und bin hin und her
gerissen: Auf der einen Seite freue ich mich, dass es so gut läuft – die Knieschmerzen
sind weg. Es ist genügend Kraft in den Beinen. Erst als ich den Pferdekopf
überquert habe, kommen leichte Ermüdungserscheinungen in den Oberschenkeln und
ich beschließe flott zu walken. Das hatte ich auch geübt. Jetzt höre ich Musik
und marschiere flott nach dem Takt der Musik als wenn ich nie etwas anderes
mache. Im Kopf habe ich immer wieder „du hast bis 2 Uhr Zeit“ – Zeit genug.
Dann hast du eben deutlich mehr km. Ist doch egal. So erreichte ich dann wieder
den Mark/Susanne/Reiner-VP – die drei kommen mir schon entgegen. Denen ist
ziemlich kalt. Ich kann mich warmlaufen. Aber unsere Betreuer leisten
eigentlich viel mehr, in dem sie dort ausharren und für uns frieren. Danke
nochmal für Euren tollen Einsatz.
Nach dem VP kann ich wieder flott anlaufen.
Es klappt einfach wunderbar. Doch leider stelle ich fest, dass ich meine
Stirnlampe im VP Auto von Fritz liegen gelassen hab. Aber noch ist es hell. Ich
werde ihn anrufen. Vielleicht kann er sie mir ja entgegen bringen
Als ich wieder durch Buchholz laufe klingelt wieder das
Telefon – Ramona. Ich sage ihr, was passiert ist und dass ich versuchen werde
weiter zu laufen. Ich fühle mich noch so wahnsinnig fit. Offiziell hab ich
jetzt ca. 75 km in den Beinen – zuzüglich meiner Verläufer. Elke nennt ihre
Treter immer „Sensationelle Beine“.
Jetzt möchte ich meine beiden Stelzen auch so nennen. Bei diesen Höhenmetern
hätte ich das nicht erwarten.
Wieder die Treppe vom Bahnhof Buchholz. Und wieder läßt der
Stolz es nicht zu, den Fahrstuhl zu nehmen. Danach geht es locker weiter.
. Bei der Wasserstelle der Fam. Pechtel dann die
Überraschung: Frau Pechtel wartete auf mich – gibt mir zu trinken, Schokolade
und eine kleine Taschenlampe. Und das Versprechen, bei einer erneuten Auflage
für eine Streckenmarkierung zu sorgen. Wahnsinn.
Es geht weiter – noch brauche ich die Lampe nicht. Doch
lange dauert es nicht mehr und das Tageslicht reicht nicht mehr aus. Die
Zweifel kommen, ob ich mich im Dunkel weiter orientieren kann.
Endlich: die Autobahn. Hier hatte Frank uns auf dem Hinweg
fotografiert. Doch irgendetwas stimmt hier nicht. Ich kontrolliere die „H“´s –
laufe weiter, wieder zurück, dann doch weiter, da ich keine Abzweige sehe,
Mittlerweise ist es dunkel. Dann kommt die zweite Autobahn – und das ist jetzt
definitiv falsch. Die Karte rausgekramt. Mit der kleinen Lampe meinen Fehler
gesucht. Und siehe da: Wieder mal hätte ich rechts ab müssen. Ich gebe so gut
es geht „Hackengas“. Telefonat mit Fritz – bin schon wieder auf der
Verlustliste… es geht jetzt ohne weitere Verläufer weiter. Nicht mehr so flott,
da ich mich in der Dunkelheit mit der kleinen Lampe immer wieder vergewissern
muß, dass ich richtig unterwegs bin. Dann endlich in Nenndorf. Der VP von Fritz
und Sven kann nicht mehr weit sein. Eine Abzweige – ich leuchte nach dem „H“. Da
höre ich einen Ruf: Sven steht am Ende der Straße. Super. VP erreicht. Fritz
nicht da. Er wollte mir entgegen fahren. Sven ruft ihn an - er kommt mit dem Wagen zum Treffpunkt. Doch wie können wir uns verpaßt haben.
Nun einer Verläuferin wie mir glaubt man natürlich nicht, dass ich auf dem
richtigen Weg war…
Und dann ein Blick auf die Uhr: 99 km Komma irgendwas. Und
ein Satz, der mir den letzten Mut raubt: „Jetzt steigst du aber aus…“ Es ist
22:25 Uhr – noch Zeit genug für die letzten 16,5 km. Und Kraft für einen HM.
Doch ich bin mental nicht in der Lage, mich gegen diese „Anweisung“ zur Wehr zu
setzten. Vielleicht auch deshalb, weil ich weiß, dass es richtig ist, jetzt
Schluß zu machen. Nach dem VP würde es wieder in den dunklen Wald gehen. Auch
mit besserer Stirnlampe und mit gutem Orientierungssinn ein Abenteuer… So endet
dann mein Lauf hier. Zickig und in gedrückter Stimmung laß ich mich heim fahren.
Später dann gibt es bei Elke und Frank ordentlich was zu
essen, eine Dusche und eine Diskussion über den Sinn oder Unsinn der Aufgabe
mit Fritz. Doch am Tag danach sehe ich endlich ein, dass ich mich unnötig in
Gefahr begeben hätte. Ich fühlte mich zwar fit und stand so unter Strom, dass
ich noch endlos hätte weiterlaufen können. Doch die restlichen Wege waren nicht
nur Dunkel sondern auch von den Forstfahrzeugen aufgewühlt. Sturzgefahr.
Verlaufgefahr und wer weiß, was sonst noch.
Fazit: Eine supertolle Laufveranstaltung. Liebevoll
organisiert von Frank und Elke. Eine schöne aber anstrengende Laufstrecke von
der sogar die Ultraerfahrene Petra sagt: „… der härteste Lauf, den ich je
gemacht hab…“
So will ich dann zufrieden sein, dass ich 99,850 km in 16:25
Stunden bewältigt hab. Mit Höhenmetern, die ich nicht gewohnt bin und Momente,
die mich fast verzweifeln ließen, weil ich mich so unnötig verlaufen hab.
Es wird schon grob die Neuauflage geplant. Und
ich will wieder dabei sein. Dann geht es von Soltau nach Hamburg. 111 km auf
dem Heidschnuckenweg. Und irgendetwas werde ich mir einfallen lassen, damit ich
nicht wieder unnötige km schrubbe und das Ziel erreichen werde!!!
Danke Frank und Elke für diesen Lauf – und danke an alle
VP´ler für Eure Betreuung und dass ihr mir meine Zickerei nicht übel nehmt.