Röntgenlauf – na toll… was sich so eine Friesenschnecke wohl
denkt, dass sie diese Strecke schafft. Der Ultra sollte es natürlich gleich
sein. 63 km. Nun ja – eigentlich zu schaffen. Wenn da nicht immer diese Berge
im Weg wären.
Samstagnachmittag fahren wir zu Freunden. Judith und Achim
warten schon auf uns. Es gibt auch gleich Kaffee und Kuchen, eine schöne
Besichtigung der Altstadt, wo eine Lichterschau stattfindet. Sehr stimmungsvoll
und auch sehr gut besucht. Ist ja auch noch sehr warm und trocken. Und das Ende
Oktober.
Sonntagmorgen klingelt dann der Wecker pünktlich um halb
fünf. Kurz vor Sechs sind wir dann auf dem Weg nach Remscheid. Wir müssen ja
auch noch die Startunterlagen abholen. Klappt alles wunderbar.
Und dann stehe ich auch schon im Startfeld. Und weiß
eigentlich schon, dass ich etliche Fehler im Vorfeld gemacht habe. Mal davon
abgesehen, dass ich kein Bergtraining gemacht habe. Wie auch. Ohne Berg…
Nein – ich bin schon mal zu sparsam angezogen. Gestern war es
schließlich noch mollig warm. Also heute in Kurz/Kurz starten. Und Verpflegung?
Quatsch – gibt doch alle 5 km was… Im Hinterkopf habe ich die Cut off Zeit.
5:30 h hab ich für den Marathon. Nur wenn ich das schaffe, darf ich weiter.
5:30 h für einen Marathon – ja, klar. Das geht natürlich.
Wenn KEINE Berge im Weg liegen. Tun sie aber. Erwähnte ich das schon?
Startschuss (den keiner hört) und auf geht’s. Die Beine
fühlen sich müde an und ich habe das Gefühl, dass ich in diesem Jahr schon zu
viel gelaufen bin. Auf jeden Fall mehr als je zuvor. Und auch ansonsten hatte
ich einiges weg zu stecken. Irgendwie fehlt mir die Motivation. Doch da steht
auch mein Dickkopf dagegen: „Angemeldet heißt ankommen!!!“
Und ich mache den nächsten Fehler: „zu flott auf der ersten
Hälfte“ Fast jede Steigung wird gelaufen. Bergab wird geflogen. Nur am
Sekt-Berg wird brav gegangen. Na ja – laufen hätte ich auch nicht können.
Dann die HM-Distanz geschafft. In ca. 2:30 h – oh ha. DAS ist
zu schnell. Ich fühl mich aber noch gut. Die Beine tun weh. Klar doch. Die
Oberschenkel fühlen sich an, als ob sie am wachsen sind. In alle Richtungen.
Die Waden – reden wir nicht davon. Die Knie – tun nicht weh. Das ist doch auch
mal was ausgesprochen Schönes. Wo die doch auf dem Rennsteig Stress gemacht
haben. Aber es sind nur die Muskeln, die weh tun. Und das lässt mich hoffen.
Aber dann, nach insgesamt 36 km oder so ist die die Luft
raus.
Schicht im Schacht. Ende Gelände. Kein Gedanke, der mich auf
die Spur zurück bringen kann. Dann ist da ein Fahhradbegleiter. Der hat Mitleid
und begleitet mich bis zum Schluß. Wir unterhalten uns. Und er rät mir,
auszusteigen…
Und ich weiß er hat Recht.
Ich weiß, ich hätte mich durchbeißen können. Aber den
„Vorsprung“, den ich mir in der ersten Hälfte rausgelaufen hatte, der war nun
dahin. Und die Beine tun unerträglich weh. Nein, nicht die Gelenke, und das
soll auch so bleiben. Einen Regenschauer bekomme ich auf den Rücken. Mit kaltem
Wind. Und das in der dünnen Kluft.
Mir ist kalt.
Und dann die Aussage, dass es auf dem letzten Abschnitt nicht
besser wird.
Und: Ich würde, wenn überhaupt, grad noch in der Zielzeit
ankommen. D.h. im Dunkeln. Und das würde auch bedeuten, dass es noch kälter
wird.
Tausend Argumente, die für ein Aussteigen bei der
Marathon-Distanz sprachen.
Und kein einziger Gedanken in meinem Kopf, der stark genug
ist, dagegen zu halten.
Mit 5:30:xx bin ich ins Marathon-Ziel eingelaufen.
Der Moderator gratuliert mir zu dieser Entscheidung.
Ich bekomme eine Medaille.
Und einer vom Orga-Team meint, dass ich noch ne viertel
Stunde Zeit gehabt hätte. Bis 14:15 Uhr (als dann doch 5:45 h Cut off?). Ich
bin am zweifeln, ob es doch die richtige Entscheidung war. Doch nu ist zu spät.
Ich gehe zum VP, hol mir ne Folie, einen Kuchen und etwas zu
trinken. Und schaue den Läufern zu, die nach mir ins Ziel kommen – und auch
jenen, die weiterlaufen. Und der Moderator gratuliert ihnen zu ihrer
Entscheidung. Aha…
So fahren wir dann pünktlich zurück – und werden auch gleich
mit Kaffee und Kuchen empfangen. Danke Judith und Achim – Ihr seit einsame
Spitze.
Dann – gegen 17:00 Uhr schauen wir aus dem Fenster. Es ist
tüchtig windig geworden. Und es regnet. Und es ist dunkel. Und ja. Jetzt bin
ich froh, dass ich ausgestiegen bin. Endlich akzeptiere ich meine eigene
Entscheidung.