Morgens um halb sechs in Deutschland: Es soll wieder ein
heißer Tag werden. Also, wie schon an den Tagen vorher, morgens laufen. So früh
wie möglich. Das Aufstehen fällt schwer. Schließlich hatte ich gestern
Spätschicht und es musste eine Stunde länger gearbeitet werden. D.h.: Ich hatte
eine kurze Nacht. Und müde Beine u.a. auch von dem gestrigen Morgen-Lauf über
16 km. Wenn ich so nachrechne, bekomme ich definitiv zu wenig Schlaf.
Aber ich reiße mich zusammen und schlüpfe in die Laufschuhe
und trabe langsam los. Nach 50 m bleibe ich stehen. 10 bis 15 km wollte ich
laufen. In drei Wochen ist der 12h-Lauf und ich fühle mich alles andere als fit
– Kilometer wollte ich diese Woche schrubben. Doch die Beine erzählen von einem
andren Plan. Von Ausruhen und regenerieren. Von in der Sonne liegen und sich
nicht bewegen wollen. Die Stelzen sind einfach nur müde.
Ich schließe einen Kompromiss: Minimalrunde bis zum 12h-Lauf
soll 5 km sein. Und ansonsten wird nach Tagesform entschieden. Schnell oder
flott – das sehen wir dann. Die Beine sagen ja – scheinen sehr erleichtert zu
sein. So trabe ich langsam wieder an. Und die Erkenntnis, dass es nicht weit
ist, läßt den Schritt leicht werden. Nach 4,4 km bin ich fast zu Hause. Das
reicht nun aber nicht – eine kleine Extraschleife muss her. Und die führt mich
an den kleinen See vorbei. Da ich nun ja noch Zeit hab, beschließe ich, mich
noch kurz an das Wasser zu setzten und den frühen Morgen zu genießen.
Es ist eine schöne Stimmung. In der Ferne höre ich die Autos
fahren. Menschen, auf dem Weg zur Arbeit. Hier, zwischen den Büschen und Bäumen
direkt am See nimmt man den Alltag nicht wahr.
Doch auch die Natur ist schon lange wach. Dort ein Rascheln, da ein
Vogelgesang. Richtig kitschige Idylle.
Dann fühle ich wie warm das Wasser ist. Hoppla – das hat
Badetemperatur. Und bevor ich es mir anders überlegen kann, liegen die
Klamotten schon im Sand und ich wate durch das klare Wasser. Noch ein paar
Meter und ich kann nicht mehr stehen und schwimme los. Einmal durch den kleinen
Tümpel. Höchstes 20 oder 30 m und wieder zurück. Ich lasse mich treiben und
genieße den Augenblick.
Das Taschentuch in meiner Laufhose reicht nicht wirklich zum
abtrocknen – also noch ein paar Dehnübungen während der leichte Wind mich
trocknet. Dann rein die Sachen und nach Hause gelaufen.
Es wird ein ausgesprochen anstrengender Tag. Wieder
Spätdienst – noch mehr Arbeit als sonst, die erledigt werden will. Doch die
Stimmung vom Morgen rettet mich über den Tag. Selbst als ich abends um 10 Uhr
schachmatt nach Hause radel, zerre ich noch von dieser Stimmung am und im
Wasser.